Wo Kluntjes im Tee knistern, sind die Ostfriesen zu Hause.

Die ostfriesische Teezeremonie

Na, knistert’s schon bei dir? Dann hast du sicherlich gerade Schwarztee auf deinen Kluntje Kandis gegossen. Und davon gibt es in Ostfriesland nie genug! Es ist nicht nur das absolute Lieblingsheißgetränk der Ostfriesen, sondern gehört zum Alltag dazu wie die Schafe auf dem Deich. So erhielt die eigenständige Teekultur 2016 sogar Einzug auf die UNESCO-Liste der immateriellen Kulturgüter.

Wenn zum Tee gerufen wird – und das kommt mindestens viermal am Tag vor – heißt es: Zeit zum Entspannen. Denn die gemütliche „Teetied“ steht für Ruhe, Erholung und Gastfreundschaft! Sobald Gäste kommen, steht die Teekanne geschwind auf dem Tisch. Dazu gesellt sich ein Sahnekännchen und ein prall gefüllter Kluntjepott mit Kluntje Kandis und passender Kandiszange – stilecht, mit feinstem Porzellan.

Dabei wird ein Fest der Sinne zelebriert. Vom herrlich aromatischen Teeduft, über die Betrachtung der schwungvollen Sahnewolke, bis hin zum beruhigenden Knistern des Kluntje Kandis – die Ostfriesen genießen jeden einzelnen Schritt des Teerituals in vollen Zügen. Unterstrichen wird die wohltuende Auszeit mit dem unverkennbaren Geschmack des Tees, der ein Funkeln in die Augen jedes Ostfriesen zaubert. Beim ersten Schluck schmeckt man die vollmundige, weiche Sahne, beim zweiten die herbe Würze des aromatischen Tees und beim dritten die milde Süße des Kandiszuckers.

Auf den Geschmack gekommen? Dann erfahre jetzt, wie eine typisch ostfriesische Teezeremonie abläuft, welche Besonderheiten sie mit sich bringt und warum Kandis und Sahne bei der Teezeit unentbehrlich sind.

Von „Koppkes“, „Kluntjes“ und „Wulkjes“: Was du für die ostfriesische Teetied brauchst

  1. ECHTEN OSTFRIESENTEE
    Echter Ostfriesentee ist eine kräftig-herbe Mischung aus bis zu zehn Schwarzteesorten, die insbesondere im indischen Teegebiet Assam angebaut werden. Aber auch Tees aus Ceylon und Indonesien sind im Ostfriesentee enthalten. Es gibt insgesamt nur drei große Produzenten, die „echten Ostfriesentee“ herstellen, denn diesen geschützten Begriff dürfen nur Teesorten tragen, die in Ostfriesland selbst vermengt wurden. Teesorten, die außerhalb der Region gemischt wurden, müssen ihren Tee „Ostfriesische Mischung“ nennen. Der echte Ostfriesentee wird nach jeder Ernte aus Hunderten von Proben ermittelt und neu zusammengestellt.
  2. SPEZIELLES TEEGESCHIRR
    Bereits um 1720 kam der Tee nach Ostfriesland und verankerte die Teezeit als traditionelles Ritual. Dabei fand auch das besondere, dünnwandige Porzellan aus dem fernen Osten schnell seinen Weg hierher und wurde in den ersten deutschen Porzellanmanufakturen bald mit typisch-deutschen Dekoren wie Blumen versehen. In dieser Zeit entstand auch das Motiv, das bis heute das unverkennbare Geschirr in vielen ostfriesischen Wohnzimmern ziert: Die „Ostfriesische Rose“. Die geschlossene Purpur-Rose wird von eisenroten Blüten und grünen Blättern umschlossen und ist auf den ersten Blick gar nicht so sehr als Rose erkennbar. Das Motiv ist im Nordwesten Deutschlands so beliebt, dass es u.a. unter dem Dekornamen „Rot Dresmer” eigens für den ostfriesischen Raum produziert wird. Auch beliebt ist ein filigranes blau-weißes Muster, welches das Geschirr für die traditionelle Teezeit ziert.

    Das jeweilige Motiv schmückt alle zum Teegeschirr gehörenden Elemente: Tassen und Untertassen, eine dickbauchige Teekanne, das Sahnekännchen und den „Kluntjepott“. Auch das Stövchen zum Warmhalten des Tees ist häufig aus Porzellan und mit dem gleichen Muster versehen. Diese Liebe zum Detail schafft den idealen Rahmen für den besonderen, wohligen Moment mit den Liebsten.
  3. KLUNTJE KANDIS, KLUNTJEZANGE UND KLUNTJEKNIEPER
    Der „Kluntjepott“ ist bei der ostfriesischen Teezeremonie prall gefüllt mit Kandiszucker. Traditionell wird dabei der große, weiße Kluntje Kandis verwendet, der mit der silbernen, filigranen „Kluntjezange“ in die Tasse fallen gelassen wird. Das Geräusch läutet die Zeremonie ein. Wem die Kandisstücke früher zu groß waren, griff gerne mal zum „Kluntjeknieper“, um die Kluntjestücke mithilfe der spitzen Enden zu zerkleinern. Das ist heute nicht mehr notwendig: Wer lieber kleinere Kluntjes mag, für den ist der Lüttje Kluntje ideal. Daher ist der „Klunteknieper“ heutzutage nur noch selten bei der Teezeremonie zu finden.
  4. SAHNEKÄNNCHEN UND SAHNELÖFFEL
    Auch das mit Sahne gefüllte Sahnekännchen ist bei der ostfriesischen Teezeremonie unverzichtbar.
    Ebenso wie der speziell geformte „Rohmlepel“, der Rahmlöffel, der einer Miniatursuppenkelle gleicht. Mit dieser winzigen Kelle wird die Sahne entgegen dem Uhrzeigersinn am Innenrand der Tasse eingetröpfelt, um symbolisch beim Teetrinken die Zeit anzuhalten. Denn dann ist der Moment gekommen, um die faszinierenden „Wulkjes“ (Sahnewölkchen) zu betrachten, die sich ganz langsam ihren Weg nach oben bahnen und sich wie eine weiche, dicke Wolkendecke auf den Tee legen.
  5. TEELÖFFEL
    Der Tee wird bei der ostfriesischen Teezeremonie nicht umgerührt, sondern man „schlürft“ sich gewissermaßen durch die drei Schichten: erst die Sahne, dann der geschmacklich eher herbe Tee und schließlich der zuckersüße Kandis. Der Teelöffel liegt dabei zwar auf jedem Unterteller bereit, wird jedoch nur benötigt, um zu signalisieren, dass kein weiterer Tee mehr nachgeschenkt werden soll. Wenn weniger als 3 Tassen Tee getrunken werden, gilt dies allerdings als unhöflich. Deshalb sollte man bei der Teilnahme an einer ostfriesischen Teezeremonie am besten für drei Tassen gewappnet sein. Wer nach der dritten Tasse den Löffel nicht in die Tasse gestellt hat, bekommt unaufgefordert immer wieder Tee nachgeschenkt.
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Teetied: So zelebrierst du ostfriesische Gemütlichkeit

  1. Spüle zunächst die Teekanne sorgfältig mit heißem Wasser aus, damit sich das Porzellan erwärmen kann.
  2. Gib dann pro Gast einen Teelöffel echten Ostfriesentee in die Kanne plus einen weiteren für die Kanne selbst. (Für 1 l Tee werden ca. 8–10 g Teeblätter benötigt).
  3. Übergieße die Teeblätter nun mit sprudelnd kochendem Wasser, sodass die Teeblätter gerade so bedeckt sind.
  4. Jetzt solltest du den Tee „treken“ lassen, also den Tee mindestens 4 Minuten auf dem Stövchen ziehen lassen. So kann sich der Geschmack entfalten, ohne dass der Tee auskühlt – denn für die Zeremonie muss er richtig heiß sein.
  5. Gieße die Kanne nun bis oben hin voll. Sobald die Teeblätter wieder absinken, ist der Tee servierfertig.
  6. Lass als nächstes in jede Tasse mit der „Kluntjezange“ ein Stück Kluntje Kandis fallen. Der Kandis reicht für die traditionellen drei Tassen Tee.
  7. Schenke dir als Gastgeber aus Höflichkeit die erste Tasse Tee ein, da sich noch Teeblätter in der Tülle befinden können. Traditionell trinken allerdings viele Ostfriesen den Tee mit Teeblättern. Falls dies deine Gäste und dich stört, kannst du den Tee auch durch ein Sieb in die einzelnen Tassen oder in eine vorgewärmte Servierkanne gießen.
  8. Fülle die Teetassen nun gut halbvoll mit Tee, sodass die Spitze des Kluntje Kandis noch herausragt. Psst, nun ganz leise sein, dann hört man das wohlige Knistern des Kandis im heißen Tee.
  9. Lege nun du das Sahnewölkchen – liebevoll „Wulkje” genannt – mit dem „Rohmlepel“ auf den Tee. Führe dazu sachte die Sahne gegen den Uhrzeigersinn am Tassenrand entlang. Die Sahnewolke taucht nun langsam auf und legt sich um die Spitze des Kluntjes. Dieser ragt wie ein kleiner Felsen durch die Wolkendecke der Sahne. Jetzt ist es an der Zeit, innezuhalten und dem ganz besonderen Moment deine volle Aufmerksamkeit zu schenken.
  10.   Rühre vor dem Trinken bloß nicht um! Denn das Besondere an der ostfriesischen Teezeremonie ist, dass du die verschiedenen Geschmacksnuancen wahrnimmst und jeden einzelnen Genussmoment vollkommen ausschöpfst. Dabei erlebst du Schluck für Schluck quasi alle Facetten des Lebens: von sanft über bitter bis zuckersüß.
  11.   Lass den übriggebliebenen Kandis anschließend in der Tasse liegen, um auch den weiteren Tassen seine feine Süße zu schenken. Denn „Ji mutt de Kluntje neet upfreten, de mutt ji in d’ Tass laten!“. Mit diesem etwas derben Ausdruck meinen die Ostfriesen, dass du den Kandis keineswegs aufessen solltest. Im Gegenteil: Der große Kluntje Kandis reicht sogar für ganze drei Tassen Tee.
  12.   Ganz nach dem Motto „Drei Tassen sind Ostfriesenrecht“, schenkst du deinen Gästen und dir mindestens drei Tassen Tee ein, bis sich der Kandis vollständig aufgelöst hat. Achte dabei darauf, dass du immer erst dann nachschenkst, wenn alle Gäste ihre Tasse geleert haben.
  13.   Wenn drei Tassen Tee getrunken wurden, können deine Gäste und du den Teelöffel in die Tasse stellen und damit signalisieren, dass keine weitere Tasse Tee mehr gewünscht ist. Oder ihr lasst euch noch eine weitere Runde schmecken.
  14.   Spüle nach dem Beenden der Teezeremonie die Kanne ausschließlich mit Wasser aus. So bildet sich im Laufe der Zeit eine leichte Patina in der Kanne, die den Geschmack von Mal zu Mal intensiviert.

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